Am 23. Juli 2025 hat Proton, ein führender Anbieter von verschlüsselten E-Mail- und Cloud-Diensten, eine bedeutende Entscheidung bekannt gegeben: Das Unternehmen wird Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro ins Ausland verlagern. Der Grund dafür ist die geplante Revision der Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) in der Schweiz. Doch was bedeutet diese Entscheidung für IT-Dienstleister, Softwareanbieter und Integratoren? Ist das Gesetz bereits final oder was sind die nächsten Schritte? In diesem Blogbeitrag klären wir diese und weitere Fragen rund um die Pressemitteilung und die teils Panikmache von verschiedenen Seiten.
Inhalt
- Welche Dienste und Volumen wären vom aktuellen Entwurf betroffen?
- Betroffene Dienste
- Auswirkungen auf KMUs
- Revision VÜPF – Chancen für IT-Dienstleister?
- Was würde dies für Dienste in der awesome.cloud bedeuten?
- Relevanz für IT-Dienstleister und Softwareanbieter
- Was sind die nächsten Schritte im Gesetzgebungsverfahren?
- Aktueller Stand und verbleibende Schritte
- Mögliche Verzögerungen und Referenden
Welche Dienste und Volumen wären vom aktuellen Entwurf betroffen?
Betroffene Dienste
Die geplante Revision der VÜPF sieht vor, dass Anbieter von Kommunikationsdiensten mit mehr als 5000 Nutzern umfangreiche Identifikations- und Überwachungspflichten erfüllen müssen. Dies betrifft nicht nur grosse Unternehmen, sondern auch Non-Profit- und Open-Source-Projekte. Die neuen Regelungen würden faktisch alle Anbieter von Kommunikationsdienstleistungen in der Schweiz betreffen, darunter:
- E-Mail-Dienste: Anbieter wie Proton Mail, die verschlüsselte E-Mail-Dienste anbieten.
- Messaging-Dienste: Plattformen, die Instant Messaging und Chat-Dienste bereitstellen.
- Dokumenten-Teilungsdienste: Dienste, die das Teilen und Speichern von Dokumenten ermöglichen.
Diese Dienste müssten künftig nicht nur Nutzer identifizieren, sondern auch umfangreiche Daten speichern und Überwachungsmassnahmen implementieren.
Auswirkungen auf KMUs
Die Revision steht im Widerspruch zu einer früheren Position des Bundesrats, die eine Kombination von mindestens 100 Millionen Umsatz und 5000 Nutzern als Mittel zum Schutz der KMU vorsah. Mit der neuen Regelung würden Unternehmen unabhängig von ihrem Umsatz unter die strengeren Überwachungspflichten fallen, sobald sie die Nutzerzahl von 5000 überschreiten. Dies könnte insbesondere für KMU Anbieter von solchen Diensten ein Problem werden. Für die Unternehmen, welche solche Dienste nicht beim Anbieter beziehen, sondern diese selbst hosten, hat es bis 5000 Mitarbeiter keinen Impact.
Revision VÜPF - Chancen für IT-Dienstleister?
Dienste aus der Cloud des Software-Anbieters würden beim Datenschutz verlieren!
Durch die geplante Revision der VÜPF könnten Dienste, die direkt aus der Cloud des Anbieters bezogen werden, an Attraktivität verlieren. Denn hier sind die Daten nicht mehr gleich gut geschützt. Dies betrifft ganz besonders Dienste, welche mit Datenschutz und Verschlüsselung werben wie Threema und Proton, wenn diese nicht für das Self-Hosting zur Verfügung stehen. Dies liegt daran, dass viele dieser Dienste, einschliesslich derer von Proton, eine Nutzerbasis von über 5000 haben und somit unter die strengeren Überwachungspflichten fallen würden.
Self Hosting in der dedizierten Cloud oder On-Prem bei unter 5000 Mitarbeiter nicht betroffen!
Viele dieser Dienste, einschliesslich Proton, bieten die Möglichkeit, sie in einer dedizierten Cloud-Umgebung oder On-Premises zu betreiben. In solchen Fällen zählen nur die Nutzer des jeweiligen Unternehmens, das den Dienst bezieht. Es gibt nur eine Handvoll Firmen in der Schweiz, die mehr als 5000 Mitarbeiter haben, dies ist relevant bei selbstgehosteten Diensten. Laut SECO gibt es nur 327 Firmen, die über 1000 Mitarbeiter beschäftigen. Dies bedeutet, dass das Know-how für den Betrieb solcher dedizierten Umgebungen wieder an Wert gewinnt.
Wachsender Ertrag für IT-Dienstleister und Integratoren – danke Service und Hosting!
IT-Dienstleister können kontinuierliche Einnahmen generieren, indem sie nicht nur die initiale Bereitstellung und den Support, sondern auch für die Ressourcenbereitstellung aus IaaS Plattformen wie der awesome.cloud laufende Einnahmen generieren können. Wohingegen ein IT-Dienstleister keine Einnahmen generiert, wenn der Kunde Dienste wie die von Proton direkt dort bezieht. Weiter ist der Endkunde weniger abhängig vom Software-Anbieter, wenn er die Lösung selbst betreibt.
Was würde dies für Dienste in der awesome.cloud bedeuten?
Relevanz für IT-Dienstleister und Softwareanbieter
Die geplante Revision der VÜPF ist insbesondere für IT-Dienstleister und Softwareanbieter von Bedeutung, die Kommunikationsdienste für ihre Kunden bereitstellen. Nach aktuellem Stand betrifft die Regelung Anbieter mit einer Nutzerzahl ab 5.000. Sollte sich daran nichts ändern, könnte dies – je nach Auslegung – erhebliche Auswirkungen auf Dienstleister haben. Es empfiehlt sich daher, die weitere Entwicklung aufmerksam zu verfolgen, um bei Bedarf rechtzeitig reagieren zu können.
Was sind die nächsten Schritte im Gesetzgebungsverfahren?
Aktueller Stand und verbleibende Schritte
Das Gesetzgebungsverfahren in der Schweiz umfasst mehrere Schritte. Zunächst wird ein Vorentwurf des Erlasses erstellt, gefolgt von einer Vernehmlassung, in der verschiedene Akteure ihre Stellungnahmen abgeben können. Der Bundesrat hat am 29. Januar 2025 die Vernehmlassung zur Teilrevision der Überwachungsverordnungen VÜPF und VD-ÜPF eröffnet, die am 6. Mai 2025 endete.
Nach der Vernehmlassung wird der Entwurf überarbeitet und dem Parlament vorgelegt. Das Parlament diskutiert, ändert und verabschiedet den Entwurf, bevor er einer möglichen Volksabstimmung unterzogen wird. Wenn es kein Referendum gibt, kann das Gesetz bereits kommendes Jahr in Kraft treten.
Mögliche Verzögerungen und Referenden
Allerdings gibt es noch einen gewaltigen Haken: Threema hat bereits angekündigt, im Fall, dass der Entwurf nicht wie gefordert angepasst wird, sie ein fakultatives Referendum ergreifen werden. Würde dieses die nötigen Unterschriften erhalten, muss das Ganze vors Volk. Dies würde mit Sicherheit zu entsprechend Verzögerungen führen.
Fazit
Die geplante Revision der VÜPF könnte weitreichende Auswirkungen auf Anbieter von Kommunikationsdiensten in der Schweiz haben. Kunden der awesome.cloud haben jedoch die Möglichkeit, ihre Dienste in EU-Rechenzentren zu verschieben, falls die Revision in Kraft tritt. Das Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen und es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt. In jedem Fall ist es wichtig, sich über die möglichen Auswirkungen zu informieren und entsprechende Massnahmen zu planen, um die Sicherheit und Privatsphäre der Nutzer zu gewährleisten.